Was kostet eine Geigerin für eine Hochzeit?
Wieviel Gage muß man für eine professionelle Violinistin einplanen?
Die Honorare für eine wirklich gute Hochzeitsgeigerin liegen derzeit ( Anfang 2025) bei ca. 350 € bis 600 € für eine Trauungszeremonie von 45 Minuten bis zu einer guten Stunde Dauer. Natürlich gibt es auch Kolleginnen, die noch deutlich mehr verlangen.
Mit der musikalischen Gestaltung eines anschließenden Sektempfangs, Hintergrundmusik beim Dinner oder Musik-Einlagen bei der Party erhöht sich der Preis.
Anreisekosten werden in der Regel extra berechnet.
Warum sind die Kosten für einen Geigenspieler so hoch?
Um diese Frage zu beantworten, muß man ins Detail gehen und zunächst über den Menschen und das Instrument reden.
Die Geigerin
Das Violinspiel ist eine sehr anspruchsvolle Kunst. Um es wirklich zu beherrschen, bedarf es fast zwingend eines ca. 10 Semester dauernden Studiums an einer staatlichen Musikhochschule bei einem berühmten Professor/ einer Professorin mit dem dementsprechenden Studienabschluss.
Brautpaare wünschen sich für Ihre Hochzeiten, daß die Geigerin eine emotionale, romantische Atmosphäre erzeugt. Eine Musikerin zu buchen, die nicht einmal einen Musikhochschulabschluß hat, ist ein sehr großes Risiko. Unsicherheit, Gekratze, unsaubere oder gar falsche Töne wären am schönsten Tag des Lebens in den wichtigsten Momenten der Trauungszeremonie ein riesigies Desaster.
Ein Musikstudium kann man aber nur dann überhaupt erst aufnehmen, wenn man eine sehr anspruchsvolle Aufnahmeprüfung bestanden hat. Dafür ist es notwendig, schon viele Jahre vorher, also schon als Kind, in Einzelstunden Geigenunterricht zu nehmen, täglich zu üben und sich bei Wettbewerben zu trainieren.
Wie teuer das ist, kann sich jeder selbst ausrechnen.
Während des Studiums absolvieren ambitionierte Studenten im Algemeinen mehrere Meisterkurse bei großen Solisten, die sehr kostspielig sind.
Nach dem Studium ist es aber noch nicht vorbei. Eine wirklich gute Violin-Ausbildung wird komplettiert durch Praktika oder Zeitverträge in staatlichen Kulturorchestern, denn nur hier bekommt man den letzten Schliff für eine stilsichere künstlerische Interpretation der verschiedensten Musikrichtungen (durchaus auch für Pop, Rock und Musical, da die Spielpläne fast aller Theater auch diese Musikrichtungen beinhalten), man erlernt eine wirklich wirtschaftliche, professionellle Arbeitsweise und erlangt die nötige Bühnenerfahrung, um mit Lampenfieber locker umgehen zu können.
Das heißt, die gesamte Ausbildung bis zur Profi-Geigerin dauert mindestens 12 Jahre. Viele Kolleginnen haben das Geigespielen bereits im Alter von 3 bis 4 Jahren begonnen und haben die Gesamtausbildung erst mit Ende Zwanzig abgeschlossen, also mehr als 20 Jahre lang haben sie gelernt.
Aber selbst dann ist das Üben niemals vorbei. Da Violinspiel für die Hände und den oberen Bewegungsapparat durchaus ein Hochleistungssport ist, muß man lebenslang trainieren, um Beweglichkeit und technische Fähigkeiten zu erhalten. Zudem müssen ständig neue Musikstücke erarbeitet werden und das Repertoire zurück ins Gedächtnis gerufen werden.
(Anmerkung: Niemand würde erwarten, daß ein Profi-Fußballer am Samstag ein Spiel erfolgreich spielt, wenn er nicht die ganze Woche vorher trainiert hat und sich fit gehalten hat. Warum glauben dann einige Menschen, ein Musiker müsse nach dem Abschluss seiner Ausbildung nicht mehr üben?)
Das Instrument
Die Preise für Profi-Violinen sind so hoch, daß ich hier aus Sicherheitsgründen für mich und meine Kolleg*innen gar keine konkreten Zahlen nennen möchte, nur so viel:
Wenn man für den Preis seiner Geige nicht mindestens einen Neuwagen erwerben könnte, braucht man mit der Profi-Laufbahn erst gar nicht anzufangen, man hätte gegen die Konkurrenz keine Chance. Nach oben sind die Preise ganz offen, da sich der Wert einer Violine nicht nur durch rein handwerkliche, technische und klangliche Aspekte berechnet, sondern auch durch den antiquarischen Wert.
Der Vergleich mit einem Kfz hinkt nicht. Auch eine Geige und ein Bogen müssen ca. einmal jährlich zu einer Inspektion beim Geigenbauer. Dieser prüft, ob es offene Stellen gibt (Holz arbeitet ja bekanntlich), ob es evtl. sogar zu Brüchen, Kratzern oder Sprüngen gekommen ist, glättet das Griffbrett, stellt die Geige klanglich ein, behaart den Bogen neu und bessert Lackschäden aus.
Vielleicht hatte die Geige im schlimmsten Fall auch einen „Unfall“ und es ist noch wesentlich mehr zu tun und zu erneuern.
Die Kosten hierfür lassen sich auch mit den dementsprechenden Werkstattpreisen für ein Kfz vergleichen.
Das heißt also, ein Musiker muss innerhalb seines Berufslebens auch die Anschaffungskosten und den Unterhalt seines Instruments wieder hereinbekommen.
Im klassischen Musikbetrieb nimmt eine Geigerin ihre Violine, zieht sich ein passendes Kleid an und fährt zum Konzertsaal/ zum Opernhaus, wo alles schon für sie bereits bereitsteht: die Notenständer sind aufgebaut, der Orchesterwart hat die Noten, die vom Arbeitgeber bereitgestellt werden, auf die Pulte gelegt, bei Studioaufnahmen haben Profis die Technik bereits installiert, eingerichtet und Mikrofone positioniert.
Dieses gesamte Equipment muß eine Hochzeitsgeigerin selbst kaufen, bereitstellen und zur Location bringen.
Das Mikrofon
Eine gute Profigeige erzeugt genügend Klang, um in kleinen Räumen, Konzertsälen mit guter Akustik und in Kirchen auch leicht ohne Mikrofonverstärkung auszukommen. Auch im Freien an Locations ohne Hintergrundgeräusche reicht ihr Sound für einen gewissen Radius.
In anderen Räumen, insbesondere bei bestimmten Gegebenheiten (z. B. sehr niedrige Decke, viel Teppichboden, Hintergrundgeräusche) oder im Freien kann eine Mikrofonierung aber notwendig sein. Dies sollte ein hochwertiges Aufsteckmikrofon sein, welches speziell für Violine konzipiert ist.
Eine Profiviolinistin bringt so ein Mikrofon mit und ist am Tag der Veranstaltung rechtzeitig vor Ort, um vor Ankunft der Gäste einen Soundcheck zu machen, also meistens mindestens eine Stunde vorher.
Die Anlage und weiteres Equipment
Nicht viele Musikstücke, die für die musikalische Gestaltung von Hochzeiten geeignet sind, kann eine Geigerin ganz solo ohne jegliche Begleitung aufführen. Aus musikalischen Gründen ist oft das Hinzuspielen von Rhythmus und Harmonien notwendig, um die Musik sinnvoll erklingen zu lassen.
Ganz besonders bei Pop- und Rockmusik geht es nicht ohne Begleitplayback, sofern keine anderen Musiker da sind, um die Begleitung zu übernehmen.
Also muß die Violinistin selbst für die Begleit-Anlage sorgen und bestenfalls ihre eigene Technik mitbringen. Diese funktioniert eigenständig, kann aber nach Absprache mit einem DJ vor Ort auch ggf. mit dessen Anlage gekoppelt werden.
Für die Begleitung einer Geige reicht eine einzelne Box von hoher Qualität zur Ausgabe des Begleitplaybacks durch den Anschluß zu Tablet oder Smartphone und ggf. zur Verstärkung durch ein Mikrofon.
Aber auch eine einzelne Lautsprecherbox muß irgendwann angeschafft werden und hat im Übrigen auch ein gewisses Transport-Gewicht (ca. 17 kg). Das gesamte Gewicht des Equipments ist nicht zu unterschätzen. Mit Geigenkasten, Notenpult, Notenbeleuchtung, Tablet, Box, Mikrofon plus Phantomspeiseadapter, Notentasche und Auftrittskleidung kommen da leicht mehr als 32 kg zusammen.
Die Noten
Noten kosten Geld. Selbst wenn die Violinistin beim Auftritt auswendig spielen sollte, um sich frei bewegen zu können, so hat sie doch irgendwann das Notenmaterial anschaffen müssen, um die Musik einzustudieren. Musikstücke rein nach Gehör zu erlernen ist nämlich um ein Vielfaches zeitaufwendiger und deswegen wirtschaftlich absolut sinnlos.
Die Begleitmusik
Eine Sammlung von zur Begleitung einer Geige geeigneter Musik verursacht ebenfalls Kosten, aber vor allem sehr viel Arbeitszeit.
Tondateien sind oft nur gegen eine Gebühr zu bekommen, aber in den meisten Fällen für die Begleitung einer Violine gar nicht sofort geeignet, sondern müssen im heimischen Studio (für dessen Einrichtung natürlich auch erhebliche Anschaffungen nötig sind) oft mit viel Zeitaufwand bearbeitet werden.
Bei rein klassischer Musik ist das Problem, daß die Begleitmusik oft nur in Versionen für Schüler verfügbar ist, also qualitativ relativ schlecht, weshalb man besser eigene Aufnahmen produziert.
Bei Pop- und Rockmusik kann man zwar für fast alle Musikstücke eine Karaokeversion erwerben. Diese muß aber meistens geschnitten und auf eine geeignete Hertz-Zahl gestimmt werden, denn niemand möchte, daß die Geigerin während einer Hochzeitszeremonie ständig ihre Violine auf die jeweiligen Playbacks neu einstimmt. Außerdem klingen synthetische Sounds in Verbindung mit dem Geigenklang oft sehr unangenehm. Solche Klänge wie Synthesizer, E-Gitarren, Soundeffekte u.ä. sollte man herausfiltern, damit der Gesamtklang harmonisch ist. Manchmal ist es auch nötig, musikalisch wichtige Background-Sänger durch die Aufnahme einer Tonspur eines klassischen Instrumentes (z. B. Klavier oder Cello, was gut mit der Geige harmoniert) zu ersetzen. Dies alles braucht viel Arbeitszeit.
Werbung und Buchhaltung
Weitere Betriebskosten entstehen einer Musikerin durch die Erstellung und den Betrieb einer Website, Anzeigen und weiteren Werbemaßnahmen, denn sonst würde man sie ja gar nicht finden und könnte sich nicht über ihr Angebot informieren.
Eine Profi-Geigerin wird auch ausreichend mit dem Kunden per Email oder per Telefon kommunizieren, alle Details besprechen,eine ordentliche Auftragsbestätigung und eine Rechnung erstellen und auch die weitere Buchhaltung erledigen, so wie jeder andere Selbständige auch. Auch all dieser Zeitaufwand ist in der Bearbeitung des Auftrags enthalten.
Nun ist er endlich da: Der Hochzeitstag
Wenn der Termin gekommen ist, an dem der Auftritt stattfinden soll, wird das gesamte Equipment verladen und die Anreise findet statt. Die entsprechenden Fahrtkosten (30 Cent pro km) werden zwar in der Regel extra berechnet, der Zeitaufwand aber nicht. Eine verantwortungsvolle Musikerin ist sehr rechtzeitig vor Ort, um Parkmöglichkeiten zu checken, den Transport des Equipments zu organisieren, einen Souncheck zu machen und sich entsprechend umzuziehen und herzurichten. Es ist unrealistisch, daß die Geigerin perfekt gestylt nach mehreren Stunden Fahrt im Abendkleid aus dem Auto springt, um dann 32 kg Equipment zu schleppen. Also zieht sie sich erst vor Ort um.
Manchmal sind auch noch Absprachen z. B. mit dem Pfarrer/ der Pfarrerin oder dem Trauredner/ der Traurednerin kurz vor der Zeremonie nötig.
Spätestens 15 Minuten vor Beginn ist alles komplett installiert und die Violinistin ist am Platz.
Erst dann beginnt der eigentliche Auftritt.
Nach dem Ende wir alles rückwärts abgewickelt: Abbau des Equipments, Umkleiden, Transport in Auto und die entsprechende Heimfahrt.
Wenn Sie nun überlegen, welche Anschaffungs- und Betriebskosten eine Profi-Violinistin tatsächlich stemmen muß, diese anteilig von der Gage abziehen und den Rest durch die tatsächlich entstandene Vorbereitungszeit teilen, werden Sie schnell festellen, daß der Brutto-Stundenlohn für eine studierte Person gar nicht so besonders hoch ist.